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Im Memory of Mankind, kurz MoM, hat Martin Kunze ein Lebensprojekt verwirklicht. Man könnte ihn als Archivar der Menschheit bezeichnen, da er versucht die heutige Zeit für die Nachwelt zu konservieren. Mit dem Studium an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz und der Vertiefung in Keramik, hat er eine ganz besondere Verbindung zu einem Material, dass für jeden anderen von uns zunächst nur im Badezimmer Relevanz hat. Das Projekt hatte schon länger in Martins Kopf gebrütet und wurde dann 2012 ins Leben gerufen.
Ein Archiv der Extraklasse: Das Memory of Mankind
Im Memory of Mankind werden keramische Datenträger mit analogen Texten und Bildern bedruckt und in einem Archiv für eine unbegrenzte Zeit aufbewahrt. Es befindet sich tief in einem der ältesten Salzbergwerke in Hallstatt und hat hier ein geschütztes Umfeld. Die Informationen, die dabei auf den Keramiktafeln gespeichert werden, werden aus der ganzen Welt beigesteuert. Das Memory of Mankind soll somit einen Schnappschuss unserer Zeit festhalten und erhebt dabei jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Genau hier muss man sich die Frage stellen, was im MoM aufgenommen wird uns was nicht. Und warum reichen die Staatsarchive oder Museums- und Universitätsarchive nicht aus, um diese Rolle zu übernehmen? Das Problem in regulären Archiven, stellt die Haltbarkeit dar, von den in Papierform abgelegten Dokumenten. Zudem zeigen einzelne Landesarchive keinen Einblick in das alltägliche Leben unserer Zeit.

Deshalb sind neben Dissertationen von Universitäten auch Zeitungsartikel eine wichtige Quelle für das Memory of Mankind. Das ambitionierte Ziel von Martin wäre es, automatisch von jedem Land, täglich die wichtigsten Leitartikel einspeichern, um Interpretationen und Vergleiche zwischen Ländern und Gesellschaften zu erlauben.
Aber auch Privatpersonen können ganze Tafeln gestalten, was auch die Finanzierung des Projekts ermöglicht. Nach der Erstellung bekommt man eine Kopie der Tafel nach Hause geschickt. Die Preisgestaltung variiert hier je nach Herkunftsland, um auch von ökonomisch schwächeren Gesellschaften Einträge generieren zu können.
Ziel ist es, nicht nur den reichen westlichen Norden im Memory of Mankind darzustellen, sondern ein Bild der ganzen menschlichen Zivilisation zu bieten. Neben den Keramiktafeln, die man nach Hause bekommt, kann man jedoch ganz einfach einen Text spenden und dies auch annonymisiert. Man beantwortet hierbei die Frage, warum man der Meinung ist, dass dieser Text gespeichert werden soll. Dies ist laut Martin schon ein ausreichender Filter und so gibt es Beiträge von Beschreibungen von Hobbys, Religionskritik, spirituelle Texte, Beschreibung von Technologien und Handwerken, hin zu ganz persönlichen Beiträgen wie Tagebüchern. Es ist ein sehr breit gefächertes Sammelsurium, mit der Intention, dass es an zukünftige Generationen weitergegeben wird.


Was haben Prägungen von Kochtöpfen mit dem MoM zu tun?
In unserem digitalen Zeitalter sind Daten omnipräsent und werden ständig gespeichert. Man sagt zwar “Das Internet vergisst nicht”, aber trotzdem wird durch Server nur eine gewisse Haltbarkeit gewährleistet. Es wird in Zukunft technische Limitationen geben und die Daten der Server werden vielleicht nicht mehr lesbar sein.
Inspiration für das Projekt bekam Martin durch das Buch Die Welt ohne uns von Alan Weisman. Es thematisiert, wie schnell die Spuren der Menschheit verwischt werden können und dass die einzigen Reste die Prägungen auf den Unterseiten von Edelstahl Kochtöpfen sein werden. Es wäre doch definitiv schade, wenn zukünftige Lebewesen, die die Erde bevölkern, als einzigen schriftlichen Überrest unsere Kochtöpfe finden!
Gerade besondere gesellschaftliche Errungenschaften unserer Zeit, wie Kunst und Kultur, wären verloren, wenn das Wissen nicht gespeichert wird. Zwar könnten künftige Zivilisationen physikalisches und mathematisches Wissen nachholen. Kulturelles ist jedoch je nach Gesellschaft sehr individuell und auch auf der Erde nicht überall gleich.
Keramik als robustes Material gegen jegliche Korrosion
Zwar hätte als Material auch Glas verwendet werden können, allerdings ist Keramik um einiges robuster. Durch Martins Hintergrund im Bereich der Keramik, kam für ihn natürlich nur ein Material in Frage. Keramik ist sehr hitzebeständig und gleichzeitig frostfest, da kein Wasser in die Poren eindringen kann und es somit nicht platzen kann. Auch gegen Salz, UV-Strahlen und Licht hält Keramik stand und ist obendrein noch korrosionsbeständig.

Eine weitere Möglichkeit wären Metall oder Nickel gewesen, wie man sie in ägyptischen Gräbern findet. Hier ist jedoch das Problem, dass sie wertvoller sind als Keramik. Auch wenn sie in der heutigen Zeit leicht beschafft werden können, konnte man in Ägypten sehen, wie zuerst Metalle wie Gold und Silber aus den Gräbern geraubt wurden. Dies könnte in Zukunft ebenfalls wieder passieren. Nicht aber im Memory of Mankind, wo aus Ton, Lehm und Wasser Keramik gebrannt wird, was bei weitem nicht so wertvoll ist und durch das Brennen im Brennofen sehr haltbar gemacht wird.
Als ein bestimmtes Vorbild gelten übrigens auch die über 5000 Jahre alten Keilschrifttafeln, die auch heute immer noch lesbar sind. Gegenbeispiel dafür ist die Indus-Kultur aus dem Industal. Vor über 6000 Jahren wurde diese frühe städtische Kultur mit einer großen Infrastruktur für die Öffentlichkeit begründet. Leider ging hier jedoch viel Schriftmaterial verloren, da in dieser feuchten Region das organische Schreibmaterial die Zeit nicht überstanden hat. Es gibt zwar Schreibtäfelchen, die die Zeit überstanden haben. Unserer Zivilisation würde es aber größtenteils so ergehen wie der Indus-Kultur, da auf Papier nichts so lange überdauern kann. Man kann dies ja bereits an alten Akten sehen, die langsam verbleichen. In ein paar tausend Jahren würde es da keine Aufzeichnungen mehr geben.
Memory of Mankind als One World Archive?
Aus zwei Gründen ist das Memory of Mankind übrigens trotz Museumsarchiven ein wichtiges Andenken für unsere Gesellschaft. Zum einen geben herkömmliche Archive den Menschen kaum die Möglichkeit daran mitzumachen und Teil des Archivs zu werden. Archive werden streng kuratiert und haben ganz genaue Vorgaben zur Aufbewahrung. Beim Memory of Mankind gibt es keine solchen Vorgaben oder ein Ranking zur Wichtigkeit der Aufbewahrung. Die Geschichte wird von unten erzählt.
Zum anderen werden im Österreichischen Staatsarchiv nur österreichische Daten gesammelt, im Deutschen nur Deutsche Daten und Dokumente, und so weiter. Es gibt aber auch Daten von globaler Relevanz, die es wert sind gesammelt zu werden. Darunter fallen Klimadaten, Informationen über Atommülllager oder andere toxische Lager weltweit. Das Memory of Mankind will also auch ein One World Archive werden.


Dann stellt sich natürlich noch die Frage, warum man das Memory of Mankind nicht in einen Bunker, sondern in ein Salzbergwerk gelegt hat. Das erklärt sich dadurch, dass ein Salzbergwerk normalerweise sehr trocken ist. Nur durch die Besichtigungstouren und das regelmäßige Betreten des Salzbergwerks durch Menschen kondensiert die Luft im Salzbergwerk und es wird feucht. Ansonsten ist Salz jedoch nur in trockenen Bergwerken zu finden, da es sich durch Wasser auflösen würde und weggeschwemmt wird. Salz wird außerdem zu einer zähen Flüssigkeit und wenn man den Eingang zum Bergwerk sich selbst überlassen würde, würde es sich von selbst verschließen und wäre vor der Außenwelt geschützt.
Die Keramikplatte als Festplatte der Zukunft
Die Keramikplatte, auf welcher die Daten gespeichert werden, kann im wahrsten Sinne des Wortes als Festplatte bezeichnet werden. Welche Daten im Memory of Mankind gespeichert werden, ist, wie bereits erwähnt, fast keinen Ausschlusskriterien unterlegen. Neben Text können auch Bilder auf die Keramikplatte gedruckt werden, da mit einem Farblaser-Ausdruck von 300 dpi gearbeitet wird. Nur bei Audio und Video ist natürlich Schluss. Auf eine einzelne Keramikplatte, mit einer Größe von 20 cm x 20 cm, passen 50.000 Schriftzeichen. Schriftgröße 4 ist dabei die kleinstmögliche Schriftgröße, die verwendet wird, da die Druckauflösung sonst nicht mehr mithalten kann und auch die Lesbarkeit leidet.


Um aber mehr als 50.000 Zeichen auf eine Keramikplatte zu bekommen, hat Martin den keramischen Mikrofilm entwickelt. Dieser kann 5 Zeilen pro Millimeter umfassen und die Platten haben ebenfalls eine Größe von 20 cm x 20 cm. Allerdings können somit anstatt 50.000 Zeichen auf der gleichen Fläche 5 Millionen Zeichen gedruckt werden, die anschließend mit der Lupe gelesen werden können. Ein gedrucktes Buch nimmt auf dem Mikrofilm somit 1/200 des Volumens ein. Wo wir nun bei den Buchtiteln angekommen sind, welche Buchtitel werden denn im Memory of Mankind gespeichert? Oft vorgeschlagen wurde bisher die Bibel. Ein Buch, das überraschenderweise noch nicht oft erwähnt wurde, sind die Harry Potter Romane. Du kannst auf der MoM-Seite übrigens Bücher vorschlagen, die im Memory of Mankind verewigt werden sollten und kannst somit Teil des Archivs werden.
Wie sollen jedoch unsere heutigen Sprachen und Schriftzeichen in der Zukunft verstanden werden? Bereits in wenigen Jahrhunderten werden die heutigen Sprachen nicht mehr so gesprochen werden, wie dies heute der Fall ist. Allerdings wird zusätzlich zu den datenspeichernden Keramiktafeln ein Entzifferungstool eingelagert. Dabei werden Bilder und Situationen mit den dazu passenden Wörtern beschrieben. Aber auch sprachtheoretische Werke werden hinzukommen, die Grammatik, Rechtschreibung, Thesaurus und Orthografie der wichtigsten und größten Sprachen enthalten, damit Sprachen im Nachhinein rekonstruiert werden können.
All diese spannenden Fakten und noch viele Einblicke und Schmankerl könnt ihr hier nachhören:
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Mehr Infos zu dieser Episode
Memory of Mankind
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